|
|
|
Interview
mit dem Autor
Interviewer:
Du beschreibst Nepal im Wandel sowie die politischen
Verhältnisse. Im Vorwort zu deinem neuen Buch steht
aber, dass du politisch neutral bist. Wie ist das zu
verstehen?
Autor:
Ich sehe mich als Beobachter. Ich habe versucht, in
meinen Büchern über Nepal Erlebnisse von Nepalesen,
Kulturbegebenheiten, die Sichtweise von verschieden
Bevölkerungsgruppen, Armen, Reichen, Maoisten einzuarbeiten.
Ziel ist, einen Einblick in das Land zu bekommen. Ein
Vergleich: Der deutsche Botschafter beobachtet ganz
genau den Wandel in dem Land, schickt dann einen Bericht
zum Außenministerium, wird sich aber hüten, Partei zu
ergreifen.
Interviewer:
Kann man dich also als Kenner des Landes bezeichnen?
Autor:
Auf keinen Fall. Die Kultur ist so vielfältig, dass
man davon bestenfalls nur Ausschnitte schildern kann.
Jedoch habe ich von vielen Ritualen und religiösen Abläufen
erfahren, von denen man hier wenig kennt. Besonders
hat mich interessiert, wie Traditionen und Rituale
die Menschen beeinflussen.
|
Interviewer:
In deinem Buch Nepals
Blutige Taube und im Pipalbaum
schreibst du auch über Schamanen, Medizinmänner und
animistische Rituale im Dorf. Wieso?
Autor:
Wenn man über die Menschen in einem nepalesischen Dorf
schreibt, kommt man um diese Dinge nicht herum. Es kommt
darauf an, wie und in welchem Licht man das schildert.
Ich habe versucht, einfach niederzuschreiben, was mir
viele Nepali erzählt haben, z. B. dass sie Angst haben,
sich mit diesen Dingen zu beschäftigen, oder dass sie
einen Medizinmann holen, weil sie bei Erkrankung kein
Geld für den Arzt haben. In Europa hat man oft eine
verklärte Ansicht, was Asien angeht. Man sieht die Beschäftigung
mit Okkultismus in einem romantischen Licht und nicht
als etwas, was die Menschen bedrückt. Deshalb ist die
Sicht der Einheimischen selber wichtig.
|
|
 |
Interviewer:
Hat die maoistische Revolution die Menschen vom Aberglauben
befreit?
Autor:
Ich kann mir vorstellen, dass diese Ideologie ein Ersatz
war für das, von dem man sich unterdrückt fühlte. Sonst
hätten die Maoisten nicht solch einen Zulauf gehabt.
Auf dem Dorf hatte ein Priester z. B. eine Machtstellung
und hat sie auch oft ausgenutzt. Das führte dazu, dass
Revolutionäre die Priester verjagt oder sogar getötet
haben. Es wurde ein Unrecht gegen ein anderes ersetzt.
Ein weiser König des Altertums führte einmal aus, dass
der Mensch über den Menschen zum Schaden herrscht. Das
hat sich - wenn man nur die letzten 10 Jahre in Nepal
beobachtet - voll bewahrheitet.
Interviewer:
Wie kann man Nepal am besten helfen?
Autor:
Es gibt die unterschiedlichsten Projekte. Jedoch war
immer auch die übliche Korruption ein Problem. Viel
Geld ist auf diesem Weg versickert und kam nicht an.
Das heißt, man muss sich schon genau erkundigen, wofür
man spendet. Kleine und überschaubare Projekte sind
da ein Vorteil. Ich persönlich meine sogar, etwas Unscheinbares
wie einem Kind einen Schulblock, einen Bleistift oder
einen Radiergummi zu schenken, kann in einem sehr armen
Land schon viel Positives bewirken.
|
 |
|
Interviewer:
Ist das nicht der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein?
Autor:
Das kommt auf die Sichtweise an. Wenn ich einem Kind
einen Schulblock schenke, so sporne ich es zur Tätigkeit
an. Hilfe zur Selbsthilfe ist eine gute Devise. Eine
Süßigkeit hingegen ist schlecht in einem Land, in dem
es kaum eine zahnmedizinische Versorgung gibt.
Interviewer:
Woran arbeitest du derzeit, wieder an einem Buch über
Nepal?
Autor:
Einmal an etwas Lustigem, zum Anderen an einem Skript
über die Ungarische Revolution von 1956. Das hat einerseits
etwas mit meiner Familie zu tun, da mein Vater in diesem
Jahr aus Ungarn flüchtete, zum anderen interessiert
mich der Gedanke - ähnlich wie in meinem ersten Nepalroman
- was macht eine Revolution aus einem Menschen. Zu Nepal
jedoch: das ist ein faszinierendes Land und ich habe
auch noch Ideen.
Interviewer:
Danke für das Gespräch!
|
|
|
|
|
|